200 Jahre englische KHM 1823·2023

Die „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm – seit 2005 von der Unesco als Welterbe registriert – wurden 1823 erstmals ins Eng- lische übersetzt und gehören seit- her in allen englischsprachigen Ländern zum Kernbestand der Kinderliteratur. Auch für die Bebilderung der Märchen gingen von hier wichtige Impulse aus. Schon die englische Illustration zu dem Märchen „Hans im Glück“ von George Cruikshank (1792– 1878) wirkte stilbildend, denn sie zeigte die verschiedenen Hand- lungselemente auf einem einzigen Blatt. Ganz ähnlich wurden später großformatige Bilderbogen aufge- baut. Die Ausgabe war so erfolgreich, daß schon 1826 ein zweiter Band herauskam.

Die erste amerikanische Ausgabe der Grimmschen Märchen war eine Folgeauflage der Londoner Ausgabe. Sie erschien unter dem falsch verstandenen Titel „German Popular Stories. Translated from «Rinder und Hans Märchen» [!]“. Verlegt wurde der kleine Band 1828 in New York von Charles S. Francis und in Boston von Munroe & Francis. 

Meilensteine in der Wirkungsgeschichte der Grimmschen Märchen waren 1846 der prachtvolle Band „The Fairy Ring – A New Collection of Popular Tales“ von Richard Doyle (1824–1883) und 1850 die große zweibändige Aus- gabe von Edward Henry Wehnert (1813–1868). Vor allem aber präg te Walter Crane (1845–1915) mit seinen farbigen Holzstichen und den 1882 gleichzeitig in England und Nordamerika verlegten „Household Stories from the Collection of the Bros: Grimm“ die englische Grimm-Rezeption. Seine Bilder waren von großem Einfluß auf die Illustrationskunst des Jugendstils. Die wichtigsten modernen Märchenillustratoren in England waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts Arthur Rackham (1867–1939), Edmund Dulac (1882–1953) und Anne Anderson (1874–1952).

Die erste vollständige Ausgabe der Grimmschen Märchen gab 1884 Margaret Raine Hunt (1831–1912) in London heraus. Im zwanzigsten Jahrhundert lassen sich die (meist reich illustrierten) Einzel-, Teil- und Gesamtausgaben in der eng- lischsprachigen Welt kaum mehr überschauen. Allerdings wurden die Texte und teils auch die Bilder oft dem Geschmack des Publikums angepaßt und speziell für Kinder adaptiert. Von ganz überragender Bedeutung für die mediale Rezep- tion waren die Zeichtrickfilme von Walt Disney (1901–1966) Zuletzt lieferten Künstler wie Maurice Sendak (1928–2012), Paul O. Zelinsky (*1953) und viele andere wichtige Beiträge zur Illustration der Grimmschen Märchen.