Germanistik

Konnichiwa bei den Grimms

Der bekannte japanische Germanist Professor Toshio Ozawa (88) war am Mittwoch mit einer über 60köpfigen Reisegruppe bei der Brüder Grimm-Gesellschaft in Kassel zu Gast. Grimm-Geschäftsführer Dr. Bernhard Lauer freute sich sehr, den international renommierten Märchenforscher in den Ausstellungsräumen der Gesellschaft am Brüder Grimm-Platz begrüßen zu können. Seit über zwanzig Jahren organisiert Ozawa für japanische Märchenfans eine Reise auf den Spuren der Brüder Grimm durch Hessen und macht dabei auch jedes Jahr Station in Kassel. „Die Japaner interessieren sich sehr dafür, wie und wo die Grimms gelebt haben“, so Ozawa.

Sehr beeindruckt zeigten sich die japanischen Gäste von den märchenhaften Exponaten aus den Sammlungen der Brüder Grimm-Gesellschaft, die ihnen Lauer präsentierte. Dr. Bernhard Lauer: „Die Märchen der Brüder Grimm gehören in Japan immer noch zu den am meisten gelesenen Büchern. Es ist oft verblüffend, mit welchem Detailwissen unsere japanischen Gäste aufwarten können.“ Von Kassel aus reiste die Gruppe noch weiter zur Knallhütte und im Anschluss daran nach Göttingen.

Grimms Märchen - Frauenliteratur?

Ruth Klüger - Frankfurter Buchmesse 2010.jpg

Die germanistische Literaturwissenschaftlerin Ruth Klüger wurde am 31. Oktober von der Universität Marburg mit dem Brüder-Grimm-Preis 2014 ausgezeichnet. Im Blog "Ich. Heute. 10 vor 8." der Frankfurter Allgemeinen Zeitung online ist ihre Preisrede, die sich der Frage widmet, ob es sich bei den Märchen der Brüder Grimm um "Frauenliteratur" handelt, im Wortlaut widergegeben:

Die Vorbedingung dieses Erfolgs war eine der bewundernswerten Eigenschaften der Brüder, nämlich dass sie zuhören konnten. Das ist nicht so selbstverständlich, wie es klingt; denn sie waren Professoren, die von Beruf aus Zuhörer hatten, nicht Zuhörer waren. Und nun schon gar, Frauen ernst genug zu nehmen, um das, was diese erzählten, fleißig aufzuschreiben!

Am 21.11. veröffentlicht FAZ.NET zusätzlich einen Kommentar mit dem Titel
"Soziale Systeme - Wer erzählt hier Märchen?" von Tilman Spreckelsen, der sich kritisch mit dieser These auseinandersetzt:

So einleuchtend das ist, so verlockend die Vorstellung, die Brüder Grimm hätten durch bloßes Zuhören und Mitschreiben auch eine weibliche Perspektive verbreitet, die sonst in der Schriftkultur kaum wahrgenommen wurde - so anfechtbar sind die Prämissen, die zu dieser Vorstellung führen.

Quellen:
Uni Marburg: Verleihung des Brüder Grimm-Preises 2014 an die Autorin Ruth Klüger
WDR: Ruth Klüger mit Brüder-Grimm-Preis ausgezeichnet
Ich. Heute. 10 vor 8. (FAZ.NET): Grimms Märchen als Frauenliteratur
FAZ.NET: Soziale Systeme - Wer erzählt hier Märchen?
Foto: Ruth Klüger - Frankfurter Buchmesse 2010 von Lesekreis - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC0 über Wikimedia Commons