Korea

Märchen aus dem Land der Morgenstille

Die Brüder Grimm-Gesellschaft zeigt in ihren Räumen am Brüder Grimm-Platz 4 in Kassel vom 15. August bis zum 31. August die deutsch-koreanische Ausstellung "Märchen aus dem Land der Morgenstille".

Der erste überlieferte Namen Koreas lautet „Choson“ (조선) und bezieht sich auf ein weitgehend legendäres Reich der Bronzezeit. Es wurde mit chinesischen Schrift-zeichen für „Morgen“ (朝) und „Stille“ (鮮) bezeichnet, daher „Land der Morgenstille“. Die Ent-wicklung des Landes ist vielfältig mit China verbunden, von wo die Schrift und auch geistige, politische und verwaltungstechnische Konzepte und Vorstellungen übernommen wurden.

In den ersten nachchristlichen Jahrhunderten entstanden drei eigenständige Staaten: Koguryo, Silla und Paekche. Das kleinste von ihnen entwickelte sich allmählich zur beherrschenden Macht und konnte zuletzt die gesamte Halbinsel im sog. Groß-Silla-Reich (668–935) vereinigen. Ihm folgten die Reiche von Koryo (935–1392) und Joseon (1392–1897), das bis zur japanischen Annexion Koreas (1910) als Kaiserreich weiterbestand. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war Korea dann eine japanische Kolonie. Heute ist das Land zwischen dem kommunistischen Norden und dem demokratischen Süden geteilt.

Während Erzählungen aus der Zeit der „Drei Reiche“ nur dem Namen nach überliefert sind, haben sich aus der Koryo- und Joseon-Epoche Chroniken und geistliche Texte mit koreanischen Mythen, Sagen, Märchen und Legenden erhalten. Wichtige Quellen sind das „Sam-guk sagi“ und das „Samguk yusa“ aus dem 11. und 12. Jahrhundert, später das „Ou yadam“ aus dem 17. Jahrhundert. Systematische Aufzeichnungen volkstümlicher Erzählungen wurden erst im 20. Jahrhundert unternommen.

Die koreanische Märchentradition ist stark geprägt von buddhistischen und konfuzianischen Vorstellungen sowie von Elemen-ten des Schamanismus. Ahnen-verehrung, Ergebenheit und Ach-tung dem Herrscher und seinem Reich gegenüber sowie das Streben nach gesellschaftlichem Aufstieg spielen für das koreanische Mär-chen eine wichtige Rolle. Sein Held oder seine Heldin opfern sich vielfach auf, um Unheil von den Eltern oder den Geschwistern fernzuhalten. Andere ziehen aus, um in der Hauptstadt die Staatsprüfung ab-zulegen und dadurch zu Reich-tum und Wohlstand zu gelangen. Es gibt auch Überschneidungen und motivische Parallelen mit der europäischen Märchentradition.

Erste koreanische Übersetzungen Grimmscher Märchen (zunächst noch aus dem Japanischen und Englischen) erschienen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Für die Ent-wicklung der modernen koreanischen Nationalbewegung während der japanischen Fremdherrschaft spielte das an Sprache, Geschichte und Volkskultur orientierte Kon-zept der Brüder Grimm eine große Rolle. In der Zeitschrift „Kaebyeok“ wurde im August 1922 beispielsweise dazu aufgerufen, auch die eigene Volkspoesie aufzusammeln und zu dokumentieren: „Jedes Volk hat seine eigenen Sagen, Lieder und Märchen. Die berühmten Grimmschen Märchen haben dem deutschen Volk großen Mut gegeben. Das alte Erzählgut Chosons ist jedoch verloren gegangen, weil niemand sich darum gekümmert hat.“ Mündliche Über-lieferungen wurden zuerst von ausländischen Missionaren und Reisenden aufgezeichnet, ehe zwischen den Kriegen und verstärkt nach 1945 koreanische Volkskundler sich dem Thema annahmen. Zuletzt erschien in 84 Bänden das „Hanguk kubi munhak taegye“ (Grundriß der mündlichen koreanischen Volksüberlieferung).

Die Ausstellung ist montags bis samstags geöffnet von 10 bis 15 Uhr. Der Eintritt beträgt 3 Euro. Für Führungen bitten wir um telephonische Anmeldung unter 0561-103235. bl

Welterbe Grimm zu Gast in Korea

Eröffnungszeremonie des Jikji-Festival in Cheoangju. Der Geschäftsführer der Brüder Grimm-Gesellschaft, Dr. Bernhard Lauer, ist unten der 6. von links.

Kassel, die Brüder Grimm und ihre Märchen-sammlung wurden in einer großen Welterbe-Ausstellung in der südkoreanischen Stadt Cheongju auf dem internationalen Jikji-Festival mit viel Applaus gefeiert. Sehen Sie hier ein Video vom Festival von YTN Korea:

Auf Einladung der südkoreanischen Stadt Cheongju präsentierte die Brüder Grimm-Gesellschaft aus Kassel auf dem diesjährigen Jikji-Festival (1. bis 21. Oktober) vor über vierhunderttausend Besuchern eine Ausstellung zum Welterbe der Brüder Grimm. Wie das sogenannte Jikji-Buch (siehe Kasten), zu dessen Würdigung das Festival abgehalten wird, sind auch die „Kinder und Hausmärchen“ der Brüder Grimm "Weltdokumentenerbe" der UNESCO.

Einen Schwerpunkt der Ausstellung bilden Ansichten und Dokumente aus der Kasseler Zeit der Brüder Grimm sowie Zeichnungen und Druckgrafiken ihres Malerbruders Ludwig Emil Grimm. Ein besonderer Teil der Ausstellung war natürlich der weltweiten Überlieferungs- und Wirkungsgeschichte der Grimmschen Märchensammlung gewidmet, in dem neben den wertvollen Buchausgaben vom 16. bis 20. Jahrhundert vor allem herausragende Märchenillustrationen deutscher Künstler des 19. und 20. Jahrhunderts präsentiert wurden. Unter den Ausstellungsstücken befinden sich die Abgüsse der vom Neffen der Brüder Grimm, Carl Hassenpflug, geschaffenen Büsten der beiden Sprachwissenschaftler und Märchensammler. Die gesamte Schau wurde in koreanischer und englischer Sprache dokumentiert und beschriftet.

„Für die Kasseler Brüder Grimm-Gesellschaft war die Einladung zu einer so herausragenden Veranstaltung eine große Anerkennung und Ehre,“ sagt Dr. Bernhard Lauer, Geschäftsführer der Brüder Grimm-Gesellschaft. Er war persönlich zur Ausstellungseröffnung nach Südkorea gereist und erhielt zahlreiche positive Rückmeldungen vor Ort. Außerdem freute er sich, dass er „für die Kasseler Sammlungen gleichzeitig auch zahlreiche neue illustrierte Ausgaben der ‚Kinder- und Hausmärchen‘ sowie Dokumente zur koreanischen Märchen- und Sagentradition“ zusammentragen konnte.

Was ist das Jikji-Buch?

Das Jikji-Festival findet alle zwei Jahre in der südkoreanischen Großstadt Cheongju statt, dauert 21 Tage und hat dieses Jahr über vierhunderttausend Besucher aus dem In- und Ausland angezogen. Die Stadt Cheongju liegt 120 Kilometer südlich der Hauptstadt Seoul und besitzt etwa 800.000 Einwohner. Das Thema des Festivals ist das sogenannte Jikji-Buch, ein buddhistischer Text, der als das weltweit älteste mit metallenen Lettern gedruckte Buch gilt. Gedruckt wurde er im Jahre 1377 in Cheongju, also über 80 Jahre bevor Gutenberg in Deutschland die erste Bibel druckte. Seit 2001 ist das Jikji-Buch Teil des Weltdokumentenerbes der UNESCO und wird mit dem alljährlichen Jikji-Festival mit Präsentationen zur Buchdruckkunst und Literaturgeschichte geehrt. Die Kinder und Hausmärchen der Brüder Grimm sind auf Antrag der Brüder Grimm Gesellschaft seit 2005 ebenfalls Weltdokumentenerbe der UNESCO. Mehr Informationen
auf Wikipedia.